Kunst! Sie umgibt uns in ganz unterschiedlicher Form. Nur – wer hat schon wirkliche Kunstwerke bei sich zuhause? Es brauche schon auch Mut zum Kunst kaufen, sagt Silke Tobeler. Sie ist Galeristin und betreibt in Brandenburg das Kunsthaus Kirschbluethe.
Ich hatte sie als Referentin zu meinem exklusiven Abend für Frauen „Die Geldfrau lädt zum Schnacken“ eingeladen. Ihr Thema: Die Kunst, Kunst zu sammeln. Oder:
Von Peggy Guggenheim lernen.
Warum ausgerechnet von Peggy Guggenheim? Weil sie munter und mutig Kunstwerke sammelte und damit Künstler und Künstlerinnen unterstützte. Und das will die engagierte Kunstvermittlerin Tobeler auch: Frauen Mut machen, mitzumischen in der Kunst.
The Female Gaze – der weibliche Blick auf Kunst
Warum Tobeler das hervorhebt? Weil diejenigen, die Kunst kaufen, darüber mitbestimmen, welche Kunstrichtung und welche Formen sich entwickeln. In der Vergangenheit bezahlten vor allem Männer für Gemälde, Skulpturen und Fotografien.
Der Blick von Männern auf Kunst, so die Beobachtung von Tobeler, ist aber mitunter anders als der Blick einer Frau. Männer, erzählt sie, hätten oftmals eine Art Raster, mit der sie zum Beispiel ein Gemälde abchecken, ob es sich als Sammelobjekt eignet: Was brächte es im Wiederverkauf? Wo wurde es bereits ausgestellt? Was sagt der Markt?
Alles wichtige Fragen, so Tobeler. Wenn sie aber als Sammlerin unterwegs ist, will sie, dass das Kunstwerk sie emotional berührt. Etwas in ihr bewegt. Erreicht das ein Bild, wie die Gemälde und Zeichnungen von Miriam Cahn und stimmt auch der wirtschaftliche Aspekt, dann kauft sie. Natürlich spricht Tobeler dabei Männern ihre Berührbarkeit durch Kunstwerke nicht ab.
Hirsche in schwarz-weiß
Die ersten Bilder, die Tobeler mit Anfang 30 kaufte, waren 3 kleine Fotografien. Mit Hirschen. Für 75 Euro. Es war der Moment, in dem sie sich traute und aus dem eine Leidenschaft erwachsen ist: das Kunstsammeln.
Heute befinden sich in ihrer Sammlung Werke von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern wie Leiko Ikemura, Miriam Cahn, Anke Feuchtenberger, Kirsty Whiten, Jörn Grothkopp. Aber auch Werke der klassischen Moderne von Meret Oppenheim und Hannah Höch.
Frauen kauft Kunst
Dieser Gedanken ist Silke Tobeler wichtig: Frauen, kauft Kunst. Und zwar die, die euch gefällt. Und unterstützt damit die Künstler’innen, die ihr für kraftvoll haltet. Damit sie von ihrer Kunst leben können und unsere Gesellschaft mit prägen.
Überlasst das nicht den Männern mit viel Geld, Museen, Stiftungen, Unternehmen und Mäzenen. Sondern mischt selbst mit.
Kunst kaufen wie Peggy
Peggy Guggenheim, die reiche Erbin, erhielt mit ihrem 21. Lebensjahr 450.000 Dollar. Mit diesem Geld baute die lebensfrohe Frau in den 30er und 40er Jahren eine respektable Sammlung mit Werken von Picasso, Dali, Chagall und Klee auf – und verhalf damit diesen Meistern auch zu mehr Sichtbarkeit und Anerkennung.
Wie aber kann Frau Kunst kaufen? Und welche?
Der erste Schritt: Sich dafür zu entscheiden, ein wirkliches Kunstwerk zu kaufen. Ein handgemachtes Werk, ein Original. Sei es ein Druck, eine Fotografie, Zeichnung oder Malerei. Und nicht nur bei IKEA ein Plakat zu erstehen als billigen Abzug eines Werkes. Das habe keine Seele, sagt Tobeler.
Kunstsammler verfolgten meist ein Thema wie Farbe, Individualität, Frauen, Tiere, Landschaften, Pflanzen, Abstraktes. Silke Tobelers erstes Sammlerthema waren … Hirsche. Sie lenkten ihren Blick auf figurative Formen der Kunst.
Messen und Lesen
Ist die Entscheidung gefallen, sich ein Kunstwerk zuzulegen oder gar Kunst zu sammeln, empfiehlt die Galeristin, auf Kunstmessen zu gehen wie die Affordable Art Fair, die Art Cologne oder Kunstfestivals zu besuchen wie die Documenta. Oder einfach nur an Abschlussveranstaltungen von Kunsthochschulen wie der Hochschule für Bildende Künste HfBK teilzuehmen.
Das schult den Blick, macht Spaß und frau bekommt einen Eindruck der Arbeit aktueller Künstler und Künstlerinnen. Tobeler liest auch gern die Kunstzeitschrift ART, um sich Anregungen zu holen und zu sehen, worüber die Branche spricht.
Primär- und Sekundärmarkt – wo Kunst kaufen?
Der Preis für Kunstwerke folgt anderen Regeln als der Preis für Gebrauchsgegenstände. „Gebrauchte“ Werke sind oft sehr viel teurer als „neue“ Werke. Neue Werke werden auf dem so genannten Primärmarkt angeboten, „gebrauchte“, die also bereits in Umlauf sind, auf dem Sekundärmarkt.
Direktkauf
Direkt vom Künstler oder der Künstlerin ein Werk zu kaufen, ist oft am günstigsten. Außerdem weiß frau dann, wer ihr Geld erhält. 🙂
Galerie
Ist ein Werk in einer Galerie ausgestellt und wird zum Kauf angeboten, wurde dem Kunstwerk eine Marge von bis zu 50 Prozent aufgeschlagen. Oder Galerie und Künstler teilen sich den Erlös, was den Preis gegenüber dem Direktverkauf erhöht.
Weil Galerist’innen in Künstler’innen investieren, sie Vernissagen veranstalten, Bilder in Auftrag geben und damit in Vorleistung treten, ist der Preis in einer Galerie immer höher als im Direktverkauf.
Auktionshaus
Auktionshäuser seien am teuersten, sagt Tobeler. Sie nehmen zusätzlich zum erzielten Auktionspreis eines Werkes, das aus einer Sammlung oder Galerie in die Auktion gebracht wurde, noch eine satte Marge für sich. Der Käufer oder die Käuferin des Kunstwerkes zahlt am Ende den ersteigerten Preis plus bis zu 30 Prozent des Preises an das Auktionshaus.
Außerdem schaukeln sich bei Auktionen manchmal aus emotionalen Gründen die Preise hoch – oder ein strategischer Bieter treibt den Preis.
Der Preis von Kunst
Kunstwerke seien wie Wein, sagt die Galeristin. Sie reifen. Je mehr sie gesehen, in der Fachwelt besprochen und je öfter sie ausgestellt werden, desto mehr steigt ihr Wert und damit der Preis. Nicht immer freilich. Aber bei guten Künstler’innen.
Der Preis sei aber auch abhängig von der Größe des Werkes, seiner Art und von den verwendeten Materialien. Ist ja auch klar. Eine Fotografie verbraucht weniger Material als eine 2×4 Meter große Malerei auf Leinwand und ist beliebig reproduzierbar, auch wenn aus Fotografien meistens Editionen entstehen, die eine begrenzte Anzahl der Werke im Vorwege bestimmen.
Silke Tobeler empfiehlt beim Kunst kaufen auch ruhig mal zu handeln, wenn einem ein Kunstwerk gefällt. Das mache sie auch.
Und wer sich nicht sicher ist, ob ein Werk seinen Preis wert ist, helfen Kunstvermittler und Galeristen als Kunstgutachter und -berater’innen. Sie ordnen das Werk ein und können mit auf die Suche nach dem Werk gehen, dass ihm oder ihr entspricht. Honorar: rund 15 Prozent der Kaufsumme.
Wie bei Aktien gibt es auch bei Kunstwerken Wert-Indices und auch ein Ranking, der Kunstkompass. Sie können als Richtschnur für Preis und Bedeutung eines Künstlers oder einer Künstlerin herangezogen werden.
Hoffnung auf Wertsteigerung. Oder: Kunst als Investition
Strategisch Kunst kaufen in der Hoffnung, dass der Preis kräftig steigt, ist für Tobeler Zockerei. Niemand könne vorhersehen, warum ein Künstler oder eine Künstlerin in der Gunst der Käufer’innen weit oben steht und andere nicht (obwohl andere womöglich innovativer sind).
Deshalb empfiehlt Tobeler privaten Kunstliebhabern: Entscheidet euch für Kunstwerke, weil sie euch ansprechen, euch gefallen, in euch etwas zum Schwingen bringen. Und freut euch daran.
Als Altersvorsorge eignet sich Kunst nicht.
Haben Sie schon Kunstwerke zuhause? Große, kleine, gerahmte und welche, die herumstehen?
Links
+ Peggy Guggenheim Sammlung Online
+ Ranking der gefragtesten Künstler in Deutschland – der Kunstkompass
Sehr spannender Artikel! Kunst sammeln ist wirklich eine tolle Sache. Mittlerweile ist es ja auch dank des Internets super leicht Kunst online zu kaufen. Haben Sie das schon mal gemacht? Ich kann hierfür die Seite Singulart empfehlen. Dort sind ganz viele internationale Künstler und das internationale Team hilft Ihnen eine Sammlung aufzubauen: https://www.singulart.com/de/
Hallo Sarah,
die Seite ist ansprechend. Ich hätte es dennoch besser gefunden, wenn du ehrlich geschrieben hättest, dass du dort arbeitest.
Gruß Dani
Ich sammle tatsächlich Kunst, aber nur weil ich sie weder verkaufe noch verschenke. Das heißt, ich bin selbst Künstler, allerdings ist das nicht meine Profession. Ich denke darüber nach, es nebenbei als Fine Art laufen zu lassen, sodass hier und da mal ein Verkauf getätigt werden kann. Langsam sind meine Wände nämlich voll.
Ich habe selbst schon kleine Kunstwerke gekauft, allerdings sehr wenige und nur mit persönlichem Wert für mich selbst.